Ihr drei habt ja schon 2015 quasi beruflich „Silberhochzeit“ gefeiert. Warum ist es auch nach mehr als 25 Jahren noch spannend, Marketingkommunikation zu machen?
Frank Diemar: Die Welt dreht sich immer mehr um Kommunikation. Und wir können ein Stück davon mitgestalten. Da ist es Tag für Tag reizvoll, in einer Agentur wie unserer mit einer hochqualifizierten, schlagkräftigen Truppe von Gleichgesinnten neue Marketing-Projekte zu stemmen. Das kostet viel Energie, ist aber garantiert nie langweilig.
Frank Jung: Es bleibt auch deshalb spannend, weil sich die Medienlandschaft rasant verändert. Damit wandeln sich auch die Instrumente, die wir in der täglichen Arbeit für die Kunden nutzen.
Wie wirken sich diese Entwicklungen denn konkret auf eure Arbeit aus?
Michael Zapfe: Um bestimmte Zielgruppen zu erreichen, müssen wir in der Kommunikation neue Wege gehen und dabei die veränderten Interaktionsmöglichkeiten einbeziehen. Zugleich hat die moderne Kommunikationstechnik unsere Arbeitsweise optimiert: Über das Internet haben wir jetzt buchstäblich überall Zugriff auf Daten und Agentursoftware oder können Skype-Konferenzen durchführen. Ohne diese Vernetzungsmöglichkeiten wäre die Zusammenarbeit zwischen den Kollegen und Kunden an den Agenturstandorten in Hamburg, Leipzig, Dresden, Erfurt und Fürth wesentlich komplizierter.
Frank Jung: Durch die sozialen Netzwerke ist eine neue Form von Öffentlichkeit entstanden. Viele Auseinandersetzungen, gerade über Marken, Produkte oder auch Werbemaßnahmen, finden mittlerweile primär hier statt – und zwar nahezu in Echtzeit. Wer auf Augenhöhe bleiben will, muss diese Kanäle auch in der Marketingkommunikation nutzen. Das erfordert ganz neue Kompetenzen. Klar, dass auch wir immer mehr Spezialisten im Team brauchen.
Frank Diemar: Um hier am Puls der Zeit zu bleiben, spielt die fachliche Weiterbildung sämtlicher Mitarbeiter bei Diemar, Jung & Zapfe eine wichtige Rolle – das war schon immer so und wird in Zukunft noch mehr Gewicht bekommen.
Neue Kommunikationskanäle, neue Kompetenzen – hat sich auch eure Methodik verändert?
Frank Diemar: Ja – wir haben zwar ein erprobtes Methodenrepertoire, das medienübergreifend funktioniert, aber wir nutzen inzwischen auch solche Ansätze wie die Customer Journey-Analyse. Wir fragen uns permanent: Was ist das Ziel? Was wissen wir über die Zielgruppe? Was ist für die relevant? Und welche Strategie, welcher Media-Mix ist für den Kunden am effizientesten? Je fundierter eine Konzeption ist, desto größer sind die Erfolgschancen.
Frank Jung: Und Erfolg heißt letztlich, Marktanteile zu erobern oder zu verteidigen. Und natürlich integrieren wir Erkenntnisse etwa aus Kommunikationsforschung oder Wahrnehmungspsychologie in unsere Methodik. Ein Beispiel ist die 3 K-Methode, um marktwirksame Gestaltungen zu entwickeln.
Michael Zapfe: Wichtig ist unser Prinzip „Sei schnell, aber nie in Eile“. Man muss zunächst gründlich analysieren und Leitideen entwickeln und diese dann möglichst schlüssig und effizient auswerten. Schließlich wird die Idee in wirksame Bilder und Texte gegossen und vorgestellt. Eine Konzeptidee durchläuft also mehrere Stufen bis zur Präsentation beim Kunden.
Apropos Kunden: Was macht für euch eine gute Kundenbeziehung aus?
Michael Zapfe: Die ist fast wie eine Freundschaft. Trotz Skype und Co. glauben wir an räumliche und persönliche Nähe. Um Kunden wirklich gut zu verstehen, muss man sie persönlich erleben, sich in die Augen sehen, Wünsche im Gespräch erfahren, und zwar regelmäßig. Davon profitieren auch unsere Grafiker und Texter – und zwar mehr als vom besten Kundenberater-Briefing, denn die Kreation sitzt bei uns auf Wunsch gerne mit am Besprechungstisch.
Frank Diemar: Wir setzen auf die nachhaltige Wirkung unserer Arbeit und langfristige Beziehungen zu unseren Kunden. Wir sind davon überzeugt, dass unseren Kunden belastbare Strategien und Konzepte wichtiger sind als inszenierter Agenturglamour.
Das sieht man ja schon am neuen Unternehmensauftritt.
Frank Jung: Wer Kunden eine klare Positionierung am Markt verspricht, muss im Markenauftritt selbst klares Profil zeigen – alles andere wäre unglaubwürdig. Unser Erscheinungsbild ist Ausdruck unserer Haltung. Es gibt kein Agenturbarock, sondern klare Linien. Reduktion erhöht die Prägnanz. Die neue Diemar Jung Zapfe Marke ist noch prägnanter und dichter, der Rebrush unserer Marke stellt den Bezug zu unserer Vision her. Wir wollen in den kommenden Jahren zum meistempfohlenen Dienstleister an unseren Standorten werden.
Michael Zapfe: Der gesamte Auftritt ist noch schlüssiger und klarer geworden. Das entspricht einem unserer ungeschriebenen Gesetze: Funktionalität geht vor. Dieser Bauhaus-Gedanke ist immer noch aktuell. Eine klare, auf das Wesentliche reduzierte Botschaft, kein Schnickschnack: das war auch eine Gemeinsamkeit, die uns drei von Anfang an verbunden hat.
Aber diese Haltung ist sicher nicht eure einzige Gemeinsamkeit?
Frank Jung: Nein. Wir sind alle drei Generalisten, die in ihrer Person zwei im Marketing notwendige, aber sehr gegensätzliche Seiten miteinander in Übereinstimmung bringen: Einerseits sind wir Gestalter, auf der anderen Seite die Strategen und Berater, die für den Erfolg ihrer Kunden kämpfen und die Kreation als Mittel zum Zweck betrachten.
Frank Diemar: Gemeinsame Werte sind uns sehr wichtig. Sie helfen uns bei der Unternehmensführung und bilden quasi die „Klammer“, die die einzelnen Standorte und Tochterfirmen der Agenturgruppe zusammenhält. Dass wir gemeinsame Werte haben, ist auch ein wichtiges Einstellungskriterium für neue Kolleginnen und Kollegen.
Wie sieht bei euch denn ein typisches Kundenbetreuungsteam aus?
Michael Zapfe: Bei uns bestehen sie jeweils aus Etatdirektor, Kreativdirektor, Grafiker, Texter und Kundenberater, Spezialisten werden bei Bedarf ins Boot geholt. Unsere Erfahrung zeigt: Zu große Teams arbeiten ineffizient.
Frank Diemar: Stell dir eine Fußballmannschaft vor. Man kann nicht einfach einen Star einkaufen und denken, jetzt gewinnt man jedes Spiel. Werbung und Kommunikation sind bei Diemar Jung Zapfe ein Mannschaftssport. Da kann es mehrere starke Führungsspieler geben, aber letzten Endes zählt nur das Team.
Und wie führt man solche Persönlichkeiten?
Frank Jung: Da gilt für uns: Jeder trägt seinen Teil zum Ganzen bei. Je stärker die Spezialisierung Einzug hält, desto wichtiger ist es, alle darauf einzuschwören, ihre persönliche Arbeit als Beitrag für das Ganze zu sehen.
Michael Zapfe: Wir arbeiten gern mit Menschen, die ihre und unsere Ziele mit großer Ernsthaftigkeit verfolgen. Und wir versuchen, jeden gemäß seinen Stärken einzusetzen. Viel fordern, aber auch viel fördern – das ist unsere Kultur.
Frank Diemar: Wir drei sind bis heute vom Ehrgeiz getrieben, unseren Job möglichst perfekt zu machen. Ich leide nahezu körperlich darunter, wenn ich sehe, dass Motive nicht funktionieren, so nicht funktionieren können. Wenn ich im Auto unterwegs bin und überladene Plakate sehe, die selbst vom interessiertesten Autofahrer in der Kürze der Zeit gar nicht erfasst werden können.
Worin unterscheidet sich Diemar Jung Zapfe dann heute am meisten von der Agentur vor – sagen wir: zehn Jahren?
Frank Jung: Der größte Unterschied ist sicher die strukturelle Neugliederung der Agentur. So haben wir intern Competence Center eingeführt, um unsere Kompetenzen in unseren Zielbranchen standortübergreifend zu bündeln. Diese Expertenteams sind in fünf Segmenten organisiert: Healthcare, Utility, Public, Technology und Finance.
Damit ist sicher auch der Managementanteil eurer Arbeit größer geworden. Wieviel Platz ist in eurem Alltag noch für Kreativität?
Michael Zapfe: Unterschiedlich. Aber zum Glück ist noch viel Platz für Kreativität. Immerhin steht auf unserer Webseite „Wir lieben Kreativität. Und unsere hat Methode.“ Und beides stimmt. Mehr und mehr fühlen wir uns als kreative Unternehmensberater. Es geht um zielgerichtete Markenkreativität.
Frank Diemar: Um alle Themen mit der nötigen Manpower abdecken zu können, haben wir die Geschäftsleitung in den letzten Jahren sukzessive erweitert. Seit einigen Jahren gehören auch unsere beiden Kreativdirektoren Daniel Riethmüller und Sven Wicke sowie der Marketing- und Mediaexperte Holger Beyer dazu. Das hat unsere Schlagkraft deutlich erhöht und ermöglicht eine bessere Steuerung auch bei komplexen Themen.
Frank Jung: Kreativität bleibt für uns ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Kommunikation. Aber sie ist kein Selbstzweck. Nur mit der richtigen Strategie kann aufmerksamkeitsstarke Kreation Wirkung erzielen – und umgekehrt. Deshalb werden Strategie und Kreation für uns immer gleich wichtig sein.
Michael Zapfe: Unser Erfolgsrezept war schon immer, sich bei der Entwicklung von Konzeptionen am wirtschaftlichen Kundennutzen zu orientieren, statt Kreativ-Allüren und Selbstverwirklichungsdrang auszuleben. Kreativ-Awards sind schön, nützen aber dem Kunden nichts in seinem Markt. Dieser Award-Zirkus der Werber war nie unserer Welt und wird es auch nie sein. Aber für die Werbebranche, die gesellschaftlich wenig Anerkennung findet, ist es natürlich verlockend, sich die Anerkennung mit gefakten Kampagnen – also quasi Konzeptkunst – bei Eigenveranstaltungen wie Kreativ-Awards selbst zu spenden.
Frank Diemar: Unternehmenskommunikation und Markenführung kann man heute nur ganzheitlich betrachten. Werbung ist dabei lediglich ein Faktor von vielen. Zu diesem 360-Grad-Verständnis gibt es meiner Ansicht nach keine Alternative, weder bei den Zielgruppen noch bei den Kommunikationskanälen. Es geht auch nie nur um Kunden allein. Mit unserem Zielgruppenkompass behalten wir immer auch Vertrieb, Mitarbeiter, Gremien oder Multiplikatoren im Blick.
Frank Jung: Ähnliches gilt für die Kommunikationskanäle: Der Kunde unterscheidet nicht zwischen Anzeige und Artikel, zwischen Blog-Eintrag und Internetbanner. Deshalb finden wir die Customer Journey-Denke so hilfreich für die Markenführung. Jeder Berührungspunkt repräsentiert die Marke.
Markenführung bleibt also eine Herausforderung. Und ein Thema, das mittlerweile auch die Unternehmensberater für sich entdeckt haben. Wie geht ihr mit dieser neuen Konkurrenzsituation um?
Michael Zapfe: Ach, wir haben einiges mit den Beratern gemeinsam. Wir wissen auch, dass sich Marketingaufwendungen intern als effiziente Investitionen rechtfertigen müssen. Leider ist es in der Marketingkommunikation nicht immer möglich, saubere Ursache-Wirkungs-Ketten herzustellen. Nicht alles ist messbar, nicht alles ist in kurzfristige Ergebnisse übersetzbar. Aber klar ist auch: Jede zielgenaue Marketingmaßnahme bringt mehr, als sie kostet.
Frank Diemar: Markenkreativität und Mediakompetenz – in diesen beiden Punkten sind wir den Unternehmensberatungen überlegen. Aber es ist richtig: Je unübersichtlicher die Verhältnisse werden, desto dringender wird generalistische Marketingberatung gebraucht.
Frank Jung: Ich stelle immer wieder fest, dass gerade Konsistenz als Erfolgsfaktor der Markenführung unterschätzt wird. Deshalb sagen wir manchmal zu Kunden: Wenn euch eure Kampagne zum Hals raushängt, kommt sie bei den Leuten da draußen gerade erst an. Bleibt dabei, wenn sie gut arbeitet, variiert – aber wechselt nicht.
Zum Schluss: Wie sieht für euch perfekte Werbung aus?
Michael Zapfe: Schon wieder Werbung… Wir sehen uns eben nicht als Werber, sondern als Kommunikationsstrategen, als Markenkreative, als generalistische Erfolgsverusacher für Produkte und Unternehmen. Jedenfalls bieten wir Substanz statt Firlefanz. Wir wollen glaubwürdige Berater unserer Kunden bleiben.
Frank Diemar: Gute Werbung bewegt Menschen. Dazu braucht sie zielgruppengerechte und relevante Markenversprechen und wirksame Interaktionsangebote. Und sie kann nur verkaufen, wenn das Produkt tatsächlich einen Nutzen bringt, indem es besser, praktischer, jünger oder prestigeträchtiger ist. Marketingkommunikation ist ein Katalysator, mehr nicht.
Frank Jung: Es gilt immer noch der Satz von Hans Domizlaff: „Wenn die Kunden sagen, die Werbung ist gut, dann war die Werbung schlecht. Wenn sie sagen, das Produkt ist gut, dann war die Werbung gut.“
Das Gespräch führte Katharina Tank