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Der Diemar Jung Zapfe-Blog

Endlich raus aus der Badewanne!

Nicht nur die Finanzbranche kennt den „Badewanneneffekt“ und die Unsicherheit: „Spreche ich die 18- bis 34-Jährigen zeitgemäß an?“ „Warum schwächelt mein Kundenstamm in diesem Alterssegment?“ Lesen Sie hier, worauf es bei der Vermarktung Ihrer Produkte und Dienstleistungen in der jungen Zielgruppe ankommt.

Texter: Christoph Hampe

Es war schon immer eine der wichtigsten und zugleich herausforderndsten Aufgaben vieler Unternehmen: die junge Zielgruppe – Berufseinsteiger und junge Erwachsene zwischen 18 und 34 Jahren – zu erreichen, sie für die eigenen Produkte und Dienstleistungen zu gewinnen und mit der Marke zu loyalisieren. Schaffen Unternehmen das nicht, sterben sie buchstäblich mit ihren alternden Kunden. Das ist in der Vergangenheit nicht nur kleineren Unternehmen passiert – auch große Zeitschriften, Auto- oder Zigarettenmarken sind am Kampf um die junge Zielgruppe bereits gescheitert oder kämpfen ums Überleben.

Der Badewanneneffekt – was ist das eigentlich?

Der Begriff „Badewanneneffekt“ kommt aus dem Finanzbereich und charakterisiert die typische Kundenstruktur einer durchschnittlichen Hausbank. Die Bezeichnung rührt von der signifikanten grafischen Gestalt des Diagramms her. In den relevanten Alterssegmenten der „Kunden der Zukunft“, also der etwa 18- bis 30-Jährigen, nimmt die Anzahl der Kunden mit steigendem Alter nach und nach ab. Erst ab einem Alter von ca. 30 Jahren steigt die Anzahl der Kunden pro Lebensjahr wieder. Grafisch dargestellt, ähnelt die sich daraus ergebende Kurve einer Badewanne.

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Publikationen und Studien, die sich damit beschäftigen, wie man diesem Effekt entgegenwirken kann. Doch was bedeutet das für Ihr Unternehmen? Wie schaffen Sie es, die wohl sprunghafteste aller Zielgruppen konkret anzusprechen, sie zu Fans Ihrer Marke zu machen?

In meinem Blogartikel „Generation what“ habe ich bereits versucht, die schwer zu fassende Zielgruppe der 18- bis 34-Jährigen mithilfe der gleichnamigen größten europäischen Jugendstudie Europas zu charakterisieren. Wesentliche Ergebnisse der Studie sind:

  • die junge Zielgruppe ist sehr heterogen
  • die Mehrzahl der jungen Menschen hat Angst vor der Zukunft, da sie sich insbesondere auf die Arbeitswelt nur unzureichend vorbereitet fühlt
  • die jungen Europäer leben stark konsumorientiert, legen sich aber selten auf eine Marke oder ein Produkt fest. Neue Produkte stoßen auf großes Interesse, werden häufig aber erst nach erfolgreicher Markteinführung gekauft, wenn die Preise bereits zu fallen beginnen
  • einerseits „always on“ (digitaler Content wird schnell und konkret konsumiert), sind sie andererseits zugleich sehr filialaffin
  • höchste Priorität hat – neben Familie, Lebenspartner und Freunden – eine zukunftsträchtige, solide Ausbildung mit guten Verdienst

Jetzt müssen Unternehmen also nur noch passende Produkte entwickeln und ihr Angebot zielgruppengerecht kommunizieren.

Einfacher gesagt als getan

Immer wieder versuchen Unternehmen aus der Finanz-, Versorger- oder Konsumgüterbranche, eben diese junge Zielgruppe gesondert anzusprechen. Das Ergebnis: meist hip und stylish gestaltete Plakate und/oder vermeintlich passende, preisgetriebene Produktangebote. Langfristig ist dies allerdings meiner Einschätzung nach nicht konsequent durchdacht und viel zu oberflächlich.

Um das Marktpotenzial ausschöpfen zu können und Kunden langfristig zu binden, benötigen Unternehmen ein ganzheitliches Konzept, das sowohl die Stärken der eigenen Marke und des Produkts als auch die Interessen und Wünsche der Zielgruppe(n) berücksichtigt.

Für Entscheider in Unternehmen sollte stets gelten: Neue Kunden gewinnen ist gut – sie langfristig zu binden, ist wesentlich besser und wichtiger. Es bringt nichts, lediglich schnell und viel abzuverkaufen. Auch die Nachkauf- und Empfehlungsphase, die in der Customer Journey eine wichtige Rolle spielt, muss zielgruppenrecht betrachtet und angegangen werden.

Lebensphasen- und potenzialorientierte Kundensegmentierung und -klassifizierung

An erster Stelle – noch bevor ein Marketing- bzw. Vertriebskonzept auf Produkte, Medien und Maßnahmen eingeht – muss die intensive Beschäftigung mit der jetzigen Kundenstruktur stehen. Neben dem Alter ist hierbei vor allem die jeweilige Lebensphase des Kunden und auch sein (zukünftiges) Potenzial zu berücksichtigen.

Grundsätzlich sollte man dabei weniger auf den derzeitigen als auf den in Zukunft zu erwartenden Deckungsbeitrag achten. Befindet sich ein Kunde zum Beispiel gerade im Studium oder in einer Ausbildung, ist er aktuell wahrscheinlich wirtschaftlich weniger interessant für das Unternehmen. Nach Abschluss der Ausbildung bzw. des Studiums wird sich das relativ schnell grundlegend ändern.

Die wichtigsten Hebel, die Unternehmen außerdem zur Kundengewinnung und -bindung nutzen können, sind die Lebensphasen. Gründet der Kunde vielleicht gerade eine Familie? Dann könnte er planen, in den kommenden Jahren ein Haus zu bauen oder eine Eigentumswohnung zu kaufen.

Gliedern Sie Ihre Kunden daher nicht nur in Alterscluster, sondern ordnen Sie sie ebenfalls in Lebensphasen ein und schätzen Sie das jeweilige Potenzial (z. B. mittels eigener Skala) ein.

In der 2017 veröffentlichten Studie „Brand Generations – Markenbindung im Wandel der Zeit“ von IP Deutschland hat der RTL-Vermarkter die Marken-Bindungsprinzipien von Kunden klassifiziert und diese in vier Gruppen eingeteilt – ähnlich der Portfolioanalyse-Matrix der Boston Consulting Group („Cash Cows“ etc.). Diese Analyse benennt konkrete Eigenschaften der jeweiligen Zielgruppe, aus denen sich strategische Maßnahmen für das eigene Unternehmen ableiten lassen.

Innerhalb dieser Klassifizierung nimmt das Alter der Zielgruppe von oben rechts nach unten links stetig zu. Daraus ergeben sich – neben einem eigenen speziellen Produktangebot pro Zielgruppe – konkrete Anforderungen an die Kommunikation, sollen Loyalität und Kaufwahrscheinlichkeit steigen.

Spezifisches Preis-/Leistungsangebot

Erfolgreiche Produkt- und Dienstleistungsangebote von Unternehmen müssen sich also an den Bedürfnissen der Zielgruppe je Lebensphase anpassen und ein Lösungsangebot machen, statt nur als Einzelprodukt erfolgreich zu sein. Rundum-Sorglos-Pakete, die individuell durch den Kunden mit seinem Berater zusammengestellt werden können und flexibel sowohl im Preis als auch im Angebot sind, könnten ein Ansatz hierfür sein. Veränderliche Abschlagszahlungen oder gar kostenfreie Zahlpausen sind Beispiele für eine besondere Flexibilität und Individualität des Angebotes – zwei Werte, die der jungen Zielgruppe besonders wichtig sind.

Außerdem erwarten junge Menschen einen preislichen Unterschied zwischen Online- und Filialkauf. Viele Kunden legen Wert auf die persönliche Beratung durch einen kompetenten Ansprechpartner, der die Wünsche des Kunden versteht und mit ihm auf Augenhöhe kommuniziert, ihn als gleichwertigen Partner betrachtet und individuell auf seine Probleme und Wünsche eingeht. Für diese Dienstleistung sind wir jungen Menschen auch bereit mehr zu zahlen. Zugleich erwarten wir dennoch auch online höchste Beratungsqualität und Informationsgehalt, möchten hierfür aber tendenziell weniger zahlen.

Ein weiterer Ansatzpunkt, um junge Neukunden zu gewinnen und zu binden, sind Vorteilsprogramme, mit denen das Unternehmen zum einen Cross-Selling betreiben kann, die zugleich aber auch eine längerfristige Bindung des Kunden bewirken.

Neben den Produkt- und Dienstleistungsangeboten der Unternehmen wünschen sich junge Kunden ebenfalls (karriere)fördernde Zusatzleistungen vom Unternehmen. Die Fülle dieser Angebote reicht vom Bewerbertraining bis zur Unterstützung beim Umzug oder ähnlichem.
Wir möchten Unternehmen als Freunde und Unterstützer wahrnehmen – ihnen Vertrauen schenken können, weil wir sie als Teil unseres Lebens betrachten.

Persönliche Betreuung

Jungen Erwachsenen sollte im Vertrieb ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Sie wünschen sich eine zukunftssichere Planung und meist langjährige, starke Partner an ihrer Seite. Motivieren Sie Ihre Vertriebler also, diese zukunftsträchtige Zielgruppe mit entsprechend hohem Vertriebsdruck anzugehen – das heißt: sie partnerschaftlich und freundschaftlich zu betreuen. Bieten Sie Ihren Vertriebsmitarbeitern außerdem den entsprechenden Raum, um die Beratungsgespräche zu führen. Viele junge Leute bevorzugen es, Verträge und Käufe z. B. in den eigenen vier Wänden zu unterzeichnen. Wie wäre es also mit einem Hausbesuch oder einem Treffen im Café?

Systematische Verkaufsförderung

Wichtig ist das Erkennen der sogenannten „magic moments“ im Leben eines jeden Kunden: Meilensteine wie Schulabschluss, Führerscheinprüfung, Ausbildungs- oder Studienbeginn, erste eigene Wohnung, Berufseinstieg, Familiengründung etc. Sobald diese identifiziert sind, können Sie sich intensiv mit Ihrem Produkt- und Dienstleistungsportfolio auseinandersetzen und überlegen, welche Produkte für die verschiedenen Lebensphasen bereits existieren und welche neuen Produkte evtl. noch entwickelt werden müssen, um den Wünschen der Zielgruppe gerecht zu werden. Mit der passgenauen Ansprache über alle Medien hinweg stellen Sie zudem sicher, bereits frühzeitig im Bewusstsein der jungen Zielgruppe verankert zu sein – bevor Ihre Wettbewerber es schaffen, auch nur Kontakt herzustellen. Diese Personalisierung und Individualisierung setzen eine umfassende Kundenkenntnis voraus, die durch gute Außendienstmitarbeiter, permanente Marktforschung, Datenzukauf und kontinuierliche exakte CRM-Pflege immer weiter vertieft werden müssen.

Keine Konzentration auf spezielle Kundensegmente

Konzentrieren Sie Ihre Marketingbudgets allerdings keinesfalls auf eine bestimmte Zielgruppe, sondern behalten Sie alle Zielgruppen gleichermaßen im Blick. Legen Sie derzeit z. B. großen Wert darauf, Produkte und Dienstleistungen für den Jugendmarkt (unter 18 Jahren) zu entwickeln und diesen vordergründig zu bewerben, laufen Sie möglicherweise Gefahr, die über 18-Jährigen an den Wettbewerb verlieren – weil Sie diese Zielgruppe sowohl produkt- als auch kommunikationsseitig zu wenig an sich gebunden haben und Ihre Wettbewerber passendere Produkte sofort verfügbar hatten.

Kundenverluste und Badewanneneffekt müssen nicht sein! Wenn Sie unsere Tipps berücksichtigen, können Sie den Wettbewerb um die junge Zielgruppe für sich entscheiden.

Fordern Sie am besten gleich unsere „Checkliste Jugendmarketing“ an und vereinbaren Sie einen persönlichen Workshop, um Ihre Marketingaktivitäten innerhalb der jungen Zielgruppe auf eine solide Basis zu stellen, die passenden Medien und Maßnahmen je Lebensphase zu eruieren und für die Zukunft mit speziellen Bindungskonzepten bestens aufgestellt zu sein.

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